Achtsamkeit: ein Wort, viele Bedeutungen

autor: christian stocker formale & informelle achtsamkeitspraxis
Bedeutung von Achtsamkeit

Bevor ich auf die Anwendung von Achtsamkeit eingehe, ist es hilfreich, den Begriff „Achtsamkeit“ zunächst genauer zu definieren.

Im Kontext der säkularen (nicht-religiösen) Achtsamkeitspraxis wird häufig Jon Kabat-Zinns Arbeitsdefinition zitiert:

Achtsamkeit bedeutet, die Aufmerksamkeit absichtlich auf die Erfahrung des gegenwärtigen Momentes zu richten, ohne zu bewerten“.

So kurz und klar diese Definition einerseits scheint, so missverständlich ist andererseits leider auch. Häufig wird sie nämlich so verstanden, dass Achtsamkeit bedeutet, „neutral“ (d.h. kühl und emotionslos) zu sein und dass das „Bewerten“ eher negativ und un-achtsam ist. Der Begründer der Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) sagt allerdings selbst, dass es nicht darum geht, „nicht mehr zu bewerten“, sondern darum, nicht mehr automatisch zu bewerten, d.h. ohne es überhaupt zu bemerken. Außerdem betont er, dass die Qualität von Freundlichkeit (oder Herzenswärme) auch untrennbar mit einer achtsamen Haltung verbunden ist.

In der Acceptance and Commitment Therapy (ACT) gibt es die folgende Definition von Achtsamkeit:

„Achtsamkeit ist Gewahrsein, das durch Offenheit, Neugierde und Flexibilität gekennzeichnet ist.“

Christina Feldman, eine bekannte buddhistische Lehrerin, fasst die Bedeutung von Achtsamkeit hingegen so zusammen:

„Achtsamkeit ist die Bereitschaft und Fähigkeit mit Wohlwollen, Lernbereitschaft und Unterscheidungsvermögen allen Ereignissen und Erlebnissen gleichermaßen nahe zu sein.“

Die ursprüngliche Bedeutung von „Achtsamkeit“ (Palī: sati, Sanskrit: smṛti) im buddhistischen Kontext umfasst sogar noch mehr Facetten. Sati bedeutet hier sowohl Gewahrsein als auch Erinnerungsvermögen. Weitere Aspekte von Sati sind beispielsweise:

Geistesgegenwart
Im Hier und Jetzt nicht nur geistig wach, sondern auch körperlich mit allen Sinnen ganz anwesend sein

Aufmerksamkeit
Mit Absicht gelenkte Aufmerksamkeit, die auf etwas ausgerichtet ist

Gewahrsein
Mit weit offenem Geist gelassen im Raum der Erfahrung verweilen, dabei weder etwas festhalten noch etwas fernhalten.

Vergegenwärtigung
Sich etwas gegenwärtig halten und es zurückholen, wenn der Geist abschweift

Innewerden
Sich etwas mit den Sinnen veranschaulichen, es tief verstehen

 

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein achtsamer Mensch übt sich darin, die Reaktivität, d.h. das Denken und Handeln im Auto-Piloten-Modus, zu überwinden. Dabei ist er nicht nur aufmerksam und bewusst, sondern besitzt durch die Achtsamkeitspraxis auch ein gutes Gedächtnis. Weshalb? Wer etwas mit voller Aufmerksamkeit tut, kann sich auch gut daran erinnern.

Durch die direkte und unmittelbare Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks und der darin enthaltenden Körperempfindungen, Gedanken, Gefühle und Impulse ist dieser Mensch außerdem zunehmend in der Lage, ein tieferes Verständnis und Einfühlungsvermögen für sich selbst und in der Folge auch für andere Menschen, Wesen, Dinge und die Welt zu entwickeln.

Dabei gehören Achtsamkeit und Herzenswärme zusammen wie zwei Flügel eines Vogels. Eine offene, freundliche und annehmende Haltung kann die Praxis der Achtsamkeit unterstützen. So ist es eher möglich, klug und flexibel zu unterscheiden, was im jeweiligen Kontext heilsam und nützlich bzw. unheilsam oder hinderlich ist.

 

 

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